27.7.2024 / Einen Monat nach der Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts hat der Kreis Segeberg die Hillwood-Baugenehmigung noch immer nicht zurückgezogen.
„Es ist an der Zeit, dass Segebergs Landrat Jan Peter Schröder ein Machtwort spricht und somit den Auffassungen des Oberverwaltungsgerichts sowie der unabhängigen Gutachter folgt“, fordert
Quickborns Bürgermeister Thomas Beckmann. „Die Situation ist eindeutig und weiteren Untersuchungen nach wohl sogar deutlich verschärfter, als bisher angenommen. Die Untätigkeit der Segeberger
Kreisverwaltung ist für die Bürgerinnen und Bürger der betroffenen Kommunen nicht nachvollziehbar und sorgt für große Irritationen.“
Vergrößert wird diese Unsicherheit durch vermehrte Hinweise aus der Bevölkerung, die nahelegen, dass weiterhin Bautätigkeiten auf der stillgelegten Baustelle stattfinden. Definitiv festzustellen
ist, dass auf dem Gelände umfangreiche Vorbereitungen für einen Weiterbau stattfinden. Aktuell wird die Baustelle intensiv von Schwerlasttransportern angefahren, die Baumaterial und
Stahlbetonträger abladen. Die Stadt Quickborn hat das Baustellentreiben dokumentiert und den Kreis Segeberg am 24. Juli 2024 aufgefordert, bauordnungsrechtlich einzuschreiten, um die Umsetzung
der gerichtlichen Anordnung zu gewährleisten.
„Bürgerinnen und Bürger aus Ellerau, Quickborn und Umgebung befürchten, dass hinter verschlossenen Türen eine Änderungsgenehmigung mit Hillwood ausgehandelt wird“, gibt Quickborns Pressesprecher
Helge Tiemann zu bedenken. „Die Sorge ist groß, dass das Massenlogistikzentrum durch eine nachträglich geänderte Baugenehmigung mit gedrosselten Verkehrszahlen trotzdem ermöglicht werden soll. Je
länger der Kreis Segeberg schweigt, desto schwieriger wird es, diese Befürchtungen auszuräumen.“
Rücknahme der Baugenehmigung zwingend erforderlich
Die Gründe für die Ablehnung einer möglichen Änderungsgenehmigung liegen dabei auf der Hand. Jüngste Verkehrsgutachten zeigen, dass die bereits heute stark überlastete Infrastruktur selbst bei
deutlich geringerem zusätzlichen Schwerlastverkehr durch die Firma Hillwood kollabieren würde. Sollte eine Änderungsgenehmigung mit erheblich verringerten Verkehrszahlen kommen, wäre der Bau in
seiner geplanten Form viel zu groß. „Das wäre so, als würde man ein kleines Einfamilienhaus mit zehn Garagen ausstatten“, so Helge Tiemann.
Hinzu kommt, dass man praktisch nicht kontrollieren könnte, ob sich die zukünftigen Nutzer der Hallen nach Inbetriebnahme des Massenlogistikzentrums an die auferlegten Obergrenzen für
Schwerlastfahrten halten.
Des Weiteren hat das Oberverwaltungsgericht in seiner Argumentation begründet, dass die Sicherheit für Verkehrsteilnehmende und die Beschaffenheit der Straßen durch zusätzlichen Schwerlastverkehr
erheblich beeinträchtigt werden. Selbst bei verringertem zusätzlichen Schwerlastverkehr gelten diese Argumente weiterhin. Diversen Gutachten zufolge würde die allgemeine Verkehrssicherheit auch
bei geringeren Verkehrszahlen drastisch sinken. Quickborns Straßen sind auch weiterhin nicht für dieses Ausmaß an Schwerlasttransporten ausgelegt – und würden nachhaltigen, strukturellen Schaden
nehmen.
Nach Einschätzung des Rechtsanwalts und Fachanwalts für Verwaltungsrecht Dr. Fiete Kalscheuer, der die Stadt Quickborn in der Angelegenheit berät, würde auch im Falle eines Änderungsantrags, in
dem der Schwerlastverkehr reduziert wird, die von der Gemeinde Ellerau erlassene Veränderungssperre vom 17. Mai 2024 greifen. „Es ist rechtlich nicht möglich, auf Grundlage der bestehenden
Baugenehmigung eine reduzierte Änderungsgenehmigung herbeizuführen, die sich nach der Rechtslage bemisst, die zum Zeitpunkt der Baugenehmigung galt. Der Widerspruch der Stadt Quickborn hat
aufgrund der Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts aufschiebende Wirkung; die Baugenehmigung kann daher nicht Grundlage für weitere Folgegenehmigungen sein. Ein Änderungsantrag bemisst sich
somit nach der derzeit geltenden Sach- und Rechtslage. Die erlassene Veränderungssperre gibt der Gemeinde Ellerau ein erhebliches Mitbestimmungsrecht, was die baulichen Möglichkeiten auf dem
Grundstück anbelangt“, so Fiete Kalscheuer.
„Wir lehnen jede Form der Massenlogistik aus guten Gründen weiter entschieden ab“, erklärt Quickborns Bürgermeister Thomas Beckmann. „Stattdessen wollen wir Ellerau unterstützen, die
Gewerbestruktur gemeindeverträglich zu gestalten. Gemeinsam mit der Gemeinde Ellerau und dem Kreis Segeberg können wir das Worst-Case-Szenario für eine ganze Region verhindern und eine
Win-Win-Situation für tausende betroffene Bürgerinnen und Bürger schaffen.“
Die Erwartungen der Stadt Quickborn sind Hendrik Schrenk, Baudirektor des Kreises Segeberg, bereits im Rahmen eines Besuchs von Vertreterinnen und Vertretern des Petitionsausschusses des Landes
Schleswig-Holstein am 8. Juli 2024 persönlich dargelegt worden. Bürgermeister Beckmann: „Der Ball liegt jetzt seit einem Monat beim Kreis Segeberg. Die Zeit ist gekommen, die einzig richtige
Entscheidung zu treffen – und die Baugenehmigung aufzuheben.“
Hintergrundinformationen zum Rechtsstreit um das Hillwood-Projekt:
Nachdem das Verwaltungsgericht Schleswig im Streit um den Bau eines Massenlogistikzentrums in Ellerau noch zugunsten des milliardenschweren US-Unternehmens Hillwood entschieden hat, konnte die
Stadt Quickborn mit ihrer Beschwerde gegen diesen Beschluss einen wichtigen Erfolg erringen. Am 27. Juni 2024 hat das Oberverwaltungsgericht Schleswig beschlossen, die Entscheidung des
Verwaltungsgerichts zu kippen und die Baugenehmigung aufgrund zahlreicher Mängel für nicht vollziehbar zu erklären. Der Weiterbau des Vorhabens, dessen Inbetriebnahme unabhängigen Gutachten
zufolge einen vollständigen Verkehrsinfarkt in der Region herbeiführen würde, ist durch das Gericht gestoppt und für illegal erklärt worden. Bürgerinnen und Bürger der Gemeinde Ellerau und der
Stadt Quickborn haben daraufhin die zügige Rücknahme der rechtswidrigen und nicht vollziehbaren Baugenehmigung durch den Kreis Segeberg erwartet.
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