30.12.2023 | |n einer Presseerklärung hat die Stadt Quickborn Vorschläge unterbreitet, um die aus ihrer Sicht überdimensionierte Hillwood-Ansiedlung zu verhindern und den Weg für neue
Pläne zu öffnen. Problem: Dazu müsste die Ellerauer Politik mitspielen! Im folgenden veröffentlichen wir die Presseinformation im Wortlaut. Außerdem nennen wir die 10 Gründe gegen das Vorhaben,
die die Quickborner Verwaltung zusammengetragen hat.
Überdimensionierte Hillwood-Ansiedlung in Ellerau:
Vorbereitung auf die Zeit nach Aufhebung der Baugenehmigung
Auf dem ehemaligen Devalit-Gelände am AKN-Bahnhof Tanneneck im Industriegebiet der Gemeinde Ellerau soll bis Ende 2025 ein zehn Hektar großes Logistikzentrum der Firma Hillwood entstehen, es
drohen bis zu 1.600 LKW-Fahrten pro Tag – oder sogar mehr. Am 20. Dezember 2023 hat sich der schleswig-holsteinische Minister für Wirtschaft, Verkehr, Arbeit, Technologie und Tourismus Claus Ruhe
Madsen auf Einladung der Landtagsabgeordneten Annabell Krämer vor Ort ein Bild von der schwierigen Verkehrssituation gemacht.
Der Minister zeigte sich angesichts der bereits heute „maximal ausgelasteten Zufahrtsstraßen“ sowie diverser Gefährdungsschwerpunkte vor allem für Schülerinnen und Schüler besorgt über die Pläne
für das Industriegebiet und lobte das Quickborner Engagement. Madsen: „Angenommen, es gelingt, eine Aufhebung der Baugenehmigung zu erreichen. Wie könnte dann eine gemeinsame Lösung von Ellerau
und Quickborn zur gemeinsamen Erschließung des Hillwood-Geländes aussehen?“
Dieser Frage hat sich Dr. Alp Kor, Jurist und Fachdienstleiter Recht der Stadt Quickborn, angenommen: „Sollte die Gemeinde Ellerau zu der Erkenntnis kommen, dass die Baugenehmigung verhindert
werden muss, kann der Weg freigemacht werden für eine umwelt- und menschenverträgliche Ansiedlung von Handel, Gewerbe, Industrie, Innovation, Forschung und für andere Ideen der
Wirtschaftsförderung.“
Zielführend sind dabei zwei Schritte:
1. Ellerau schließt sich der Quickborner Fachaufsichtsbeschwerde an, ersucht ebenfalls um Eilrechtsschutz und klagt gegen die Baugenehmigung.
2. Ellerau steigt unverzüglich in die Planung für die Aufstellung neuer Bebauungspläne ein und setzt Veränderungssperren.
Sinnvolle Vorgehensweisen für eine umwelt- und menschenverträgliche Gewerbeansiedlung auf dem Hillwood-Gelände
Eine für die heutigen Gegebenheiten geeignete Nutzung des ehemaligen Devalit-Geländes bedarf einer Überplanung durch einen neuen Bebauungsplan, der die aktuell gültigen, veralteten Pläne aus 1965
und 1983 ablöst und einen passenden Mantel für die Nutzung des Gebietes darstellt.
„Zielführend ist, dass Ellerau bereits jetzt in die Planungen für die Aufstellung eines neuen Bebauungsplans einsteigt“, erklärt Dr. Kor. „Zwar haben Aufstellungsbeschluss und Veränderungssperre
auf ein bereits genehmigtes Vorhaben keinen Einfluss. Es ist aber möglich und nicht unwahrscheinlich, auch kurzfristig, dass die erteilte Baugenehmigung entweder nach Prüfung der
Fachaufsichtsbehörde aufgehoben oder im gerichtlichen Verfahren kassiert wird.“
„Tritt dieser Fall ein, und davon gehen wir aus“, ergänzt Bürgermeister Thomas Beckmann, „sollte Ellerau vorbereitet sein. Wenn die Gemeinde Ellerau nach Aufhebung der Baugenehmigung die ihr
zustehende Gestaltungshoheit für eine gleichermaßen verträgliche wie gewinnbringende Nutzung des Areals wahrnehmen will, muss schnell gehandelt werden. Das Zeitfenster für mögliche Änderungen ist
kurz, da die Firma Hillwood jederzeit einen neuen Bauantrag einreichen könnte.“
Um Genehmigungsentscheidungen steuern zu können, muss die Planung zum Zeitpunkt der Beschlussfassung über die Veränderungssperre bereits einen Stand erreicht haben, der ein Mindestmaß des Inhalts
der beabsichtigten Planung erkennen lässt. Ausreichend kann schon die Art der baulichen Nutzung sein. Das Planungserfordernis könnte sich aus der Notwendigkeit ergeben, die verkehrliche
Erschließung – unter anderem in Abstimmung mit dem Landesbetrieb Verkehr und der Stadt Quickborn – neu zu regeln. Die möglichen Dimensionen der Bauvorhaben müssen dabei den verkehrlichen
Erschließungsmöglichkeiten angepasst werden. Diese Zielrichtung sollte bereits in den Aufstellungsbeschlüssen deutlich werden.
„Es ist wichtig, am Tag der Aufhebung der Baugenehmigung bereits einen Aufstellungsbeschluss und den Beschluss über eine Veränderungssperre gefasst zu haben“, führt Dr. Kor aus. „Dann ist die
Umsetzung des bisherigen Hillwood-Vorhabens mangels wirksamer Baugenehmigung zunächst nicht mehr möglich. Im Hinblick auf eine dann von Hillwood neu zu beantragende Genehmigung könnte dem
Bauvorhaben der Aufstellungsbeschluss und die Veränderungssperre entgegengehalten werden.“
Da jederzeit mit einer Aufhebung der Baugenehmigung gerechnet werden muss, ist eine Beratung und Beschlussfassung über einen B-Plan-Aufstellungsbeschluss und eine Veränderungssperre im Rahmen der
nächsten Sitzung des Bau-, Planungs- und Umweltausschusses (BPU) der Gemeinde Ellerau am 17. Januar 2024 sinnvoll. Hierzu ist außerdem erforderlich, die Beschlüsse zu diesen Punkten in einer
Sondersitzung der Gemeindevertretung zeitnah nach der BPU-Sitzung Ende Januar bzw. Anfang Februar 2024 zu fassen. Alle Verfahren, die erst später zu gestaltungswahrenden Beschlüssen führen,
bergen das Risiko des „Zuspätkommens“.
Bürgermeister Beckmann: „Die Stadtverwaltung Quickborn unterstützt die Gemeinde Ellerau gerne bei diesem Weg – heraus aus dem Hillwood-Projekt hinein in einen zeitgemäßen B-Plan als tragfähige
Grundlage für eine einvernehmliche, angemessene verkehrliche Erschließung, Bebauung und gewerbliche Nutzung.“
Zehn gute Gründe gegen das Hillwood-Bauvorhaben
1. Das Bauvorhaben versiegelt 71.820 qm Fläche. Die Bruttohallenflächen betragen allein 51.174 qm.
2. Das Industriegebiet (B-Pläne Nr. 4 von 1965 und Nr. 11 von 1983) war nicht für eine Logistik-Nutzung in diesem Umfang konzipiert. Der im B-Plan vorgesehene Güterbahn-Anschluss wird durch das Vorhaben nicht genutzt. Der Güterverkehr wird ausschließlich über LKW abgewickelt. Das Vorhaben wurde ohne eine erneute – erforderliche – Bebauungs-Planung zugelassen. Indem die erforderliche förmliche Planung unterlassen wurde, wurde auch das interkommunale Abstimmungsgebot (§ 2 Abs. 2 BauGB) unterlaufen.
3. Die Erhöhung des Schwerlastverkehrs um 1.600 Fahrten pro Tag erhöht auf der Bahnstraße (Fahrbahnbreite 6,20 bis 6.50 m; Fußwegbreite 1,80 bis 1,90 m) die Gefährdung von Schülern und anderen Fußgängern und Radfahrern substanziell. Im Radverkehrskonzept Quickborns ist die Bahnstraße als Hauptroute (Veloroute) vorgesehen.
4. Die bisherige Funktion der Bahnstraße und die bisherige Planung der Veloroute würden durch das Bauvorhaben torpediert und bedürften einer umfassenden Überarbeitung und Budget-Neuplanung.
5. Die von Schülern und anderen AKN-Benutzern am Knoten Bahnstraße/Buchenweg dringend benötigte und bereits geplante signalisierte Fußgängerquerung würde sich wegen des Bauvorhabens verschieben. Die zwischen den Beteiligten (AKN, Ellerau, Quickborn, Verkehrsbehörde Segeberg) abgestimmte Planung einer vollbeampelten Bahnübergangs- und Straßensicherungsanlage (BÜSTRA) würde durch das Bauvorhaben torpediert und bedürfte wegen der erheblichen Mehrverkehre einer umfassenden Überarbeitung und Budget-Neuplanung.
6. Am engen Verkehrsknoten Bahnstraße/Friedrichsgaber Straße (Verbindung BAB-Anschluss Quickborn) kommt es bereits jetzt zu Stauungen bis hin zur BAB. Die erheblichen Mehrverkehre des Bauvorhabens brächten den Verkehr bis hin zur BAB weiter zum Erliegen. Grundstücksflächen für den Knotenausbau stehen nicht zur Verfügung. Auch der für 2024 geplante Radwegausbau an der Friedrichsgaber Straße wäre bei Realisierung des Vorhabens umfassend zu überarbeiten und neu zu budgetieren.
7. Die Überlastung von Bahnstraße und Friedrichsgaber Straße (also der Verbindung zwischen dem Vorhabengrundstück und dem BAB-Anschluss Quickborn) durch den vorhabenbedingten Mehrverkehr lässt befürchten, dass Umgehungs-/Schleichverkehre im nachgelagerten Straßennetz über Fasanenweg/Grandweg, Lerchenweg/Grandweg und Kiefernweg/Ulzburger Landstraße entstehen.
8. Die Verwirklichung des Vorhabens führte also dazu, dass zahlreiche Planungen Quickborns überarbeitet, geändert und neu budgetiert werden müssten. Dazu zählen wie gesagt die Bahnstraße als Veloroute, die Signalisierung von Bahnübergang und Fußgängerquerung Bahnstraße, der geplante Radweg- ausbau in der Friedrichsgaber Straße und die kritische Rechtsabbiegersituation von dort in die Bahnstraße. Die Planungshoheit Quickborn wird nach Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG, Art. 54 Abs. 1 LVerf SH verletzt. Die Baugenehmigung in der Nachbargemeinde Ellerau zwingt Quickborn dazu, planerisch tätig zu werden, um die Erschließung für das Vorhaben in der Nachbargemeinde zu sichern. Das Bauvorhaben stört die örtliche Planung Quickborns und beeinträchtigt die gemeindliche Planungshoheit.
9. Das Vorhaben ist im Hinblick auf die gemäß B-Plan bereitgestellten Erschließungsanlagen überdimensioniert. Die vom Plangeber für das Plangebiet aus den Jahren 1965 und 1983 vorausgesetzte Erschließung kann das Vorhaben nicht aufnehmen. Das zu erwartende Verkehrsaufkommen sprengt die vorhandenen Verkehrsflächen. Das Vorhaben widerspricht der Eigenart des Baugebiets – sowohl nach dem Umfang als auch nach der Zweckbestimmung. Das Vorhaben würde die Erschließungsanlagen überlasten, Schäden hervorrufen, die Sicherheit und körperliche Unversehrtheit von Schülern, anderen Fußgängern und Radfahrern und anderen Verkehrsteilnehmern unzumutbar beeinträchtigen.
10. Die Erschließung ist nicht gesichert. Der von der Nutzung des Logistikzentrums ausgehende Verkehr vom und zum BAB-Anschluss Quickborn kann von den öffentlichen Straßen nicht ohne Störungen, das heißt nicht ohne Beeinträchtigung der Verkehrssicherheit und des Straßenzustandes aufgenommen werden. Die tatsächlich vorhandene Zuwegung zwischen dem geplanten Logistikzentrum und dem BAB-Anschluss Quickborn ist nicht geeignet, sowohl den bereits vorhandenen als auch den mit dem Vorhaben verbundenen Ziel- und Quellverkehr aufzunehmen und die Benutzung durch Polizei-, Feuerwehr-, Rettungs- und Versorgungs- fahrzeuge zu ermöglichen, ohne dass es dadurch zu einer Schädigung des Wegzustandes und zu einer unzumutbaren Gefährdung der Verkehrssicherheit kommt. Damit würden der Gemeinde – als Folge der Baugenehmigung – Erschließungsaufgaben aufgedrängt werden. Die Bahnstraße und die Verkehrsknoten auf dem Weg zur BAB Quickborn verfügen nicht über Befestigung, Breite und Ausbauzustand, um 1.600 LKW pro Tag zu verkraften. Dies führt zu dauerhaften, unzumutbaren Einschränkungen für die Sicherheit der Verkehrsteilnehmer und für die Leichtigkeit des Straßenverkehrs. Aufgrund der Örtlichkeiten und der Trassenführung führt der An- und Abfahrtsverkehr von 1600 LKW pro Tag zur dauerhaften, nachhaltigen Gefährdung der Verkehrsteilnehmer und Anlieger.
Kommentar schreiben
Ronny (Donnerstag, 04 Januar 2024 06:04)
Wer sagt überhaupt, dass die meisten Ellerauer und Quickborner gegen das Hillwood Projekt sind?
Nur weil die Politik laut schreit und uns mit ihrer Meinung bevormundet, muss diese These nicht stimmen!
Ich würde mich freuen, wenn sie Presse diese Sichtweise auch einmal bedenkt.
Bernd Faust (Dienstag, 09 Januar 2024 09:50)
Politik und Verwaltung handeln und das ist gut. Viele Familien im Neubaugebiet "Blumenviertel" haben sehr viel Geld in ihre neuen Heime investiert. Ihnen weitere Belastungen zur ohnehin angespannten verkehrlichen Situation vom Leibe zu halten wäre schon für sich genommen Grund genug zum Intervenieren.