6.11.2022 | Vielleicht ist ja noch nicht alles eingerichtet, vielleicht aber ist es auch ein Zeichen neuen Denkens: Wer das Amtszimmer des neuen Bürgermeisters betritt, stellt gegenüber
der Ausstattung des Vorgängers eine deutliche Reduktion und - wenn man so will - eine größere Transparenz fest. In einem Pressegespräch erläuterte Thomas Beckmann vor kurzem seine Pläne für den
Start seiner Amtszeit.
Transparenz sei ihm wichtig. Dabei sollten nicht nur die Erfolge kommuniziert werden, sondern es sollte auch darüber gesprochen werden, wenn es einen Bedarf für ein Nachsteuern gäbe.
Es habe sich eine Welle an aktuellen Aufgaben aufgebaut, die es abzuarbeiten gelte. Zur Zeit gehe es ihm vor allem um eine Bestandsaufnahme. Es hätte ja die Möglichkeit gegeben, ihn in seiner Funktion als Stellvertretenden Bürgermeister schon vor seinem offiziellen Amtsantritt ins Bild zu setzen. Aber es war nicht gewünscht, merkt Beckmann eher beiläufig an. Es gelte jetzt, den Blick in die Zukunft zu richten.
Personal
An seinem ersten Arbeitstag hat er in zwei Personalversammlungen die Gelegenheit genutzt, sich rund 200 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in Quickborn vorzustellen und auf die Sorgen vor einer grundlegenden Umstrukturierung, wie es sie von 18 Jahren gegeben hat, einzugehen. Diese werde es jetzt definitiv nicht geben. Es werde Veränderungen geben, aber diese würden behutsam umgesetzt.
Einige Veränderungen seien aber schon absehbar: So geht mit Jochen Lattmann der langjährige Büroleiter des Bürgermeisters Ende November in den Ruhestand. Und die Kämmerin Sabine Dornis verlässt Mitte Dezember die Quickborner Verwaltung, um nach Henstedt-Ulzburg zu wechseln. Michael Görres, der bisherige Koordinator der Verwaltungsgemeinschaften, sei in den Ruhestand gegangen, die Stelle sei aber aus den eigenen Reihen besetzt worden. Nicht erfolgreich sei man aber bisher bei der Besetzung der ausgeschriebenen Stelle eines Klimamanagers gewesen.
Allgemein sei es schwierig, die entsprechenden Fachkräfte zu finden. Dies sei auch aus den großen Stellenanzeigen von Kommunen und Kreisen ersichtlich, die alle auf der Suche seien. Bei den Bewerbern habe sich auch - so wusste Büroleiter Lattmann zu berichten - die Einstellung geändert, die „Work-Life-Balance" spiele heute eine größere Rolle. Deshalb sprach sich Beckmann dafür aus, alle Parameter wie z.B. die Arbeitsbedingungen oder Stellenzuschnitte zu prüfen. Auch im Wettbewerb mit anderen Kommunen um qualifizierte Kräfte müsse man neue Wege gehen.
Am kommenden Dienstag wird Beckmann sich in der Runde der Fachbereichsleiter ein Bild machen, Gespräche mit den einzelnen Fachbereichen werden folgen. Dabei werde es auch darum gehen, Anregungen aus der Mitarbeiterschaft aufzunehmen. „Es nützt ja nichts, große Pläne zu machen, es muss ja nicht nur finanziell, sondern auch personell leistbar siein!"
Haushaltslage
Sein Hauptaugenmerk gelte den aktuellen Haushaltsberatungen der Stadt. Für den Haushalt 2023/24 hätten über den Sommer wichtige Vorarbeiten geleistet werden müssen, ihm seien aber die Hände gebunden gewesen, da er ja noch nicht im Amt gewesen sei.
Die Stadt stehe vor enormen finanziellen Herausdorderungen. Ob das Haushaltsdefizit bei 8,5 Millionen Euro liege oder schon bei 10 Millionen Euro, sei derzeit noch unklar. Die Einnahmesituation habe sich leicht verbessert, aber es stünde ein riesiger Sanierungsbedarf z.B. bei den Straßen mit 150 bis160 Millionen Euro und beim Abwassersystem an. Die eingeplanten 500.000 Euro jährlich seien bei weitem nicht ausreichend, der Bedarf liege eher bei 2,3 Millionen Euro pro Jahr, um nur den Stand zu halten. Die Aufwendungen für das Leitungssystem würden zwar über Gebühren finanziert, aber die Stadt müsse dies vorfinanzieren. Die aktuell im 1. Haushaltsentwurf geplante Kreditsumme von 15 bis 17 Millionen Euro würde die Stadt nie bewilligt bekommen. Das Land würde die Kreditfähigkeit der Stadt wohl eher bei neun Millionen Euro sehen.
Der Verwaltungshaushalt ist defizitär, man müsse an allen Ecken und Enden schauen, wie man damit umgehe und einen Haushalte aufstelle, der auch umsetzbar sei. In der Vergangenheit habe der Rechnungshof immer gerügt, dass die Stadt eine „Umsetzungsquote" von unter 50 Prozent habe, d.h., es seien mehr Projekte in den Haushalt eingestellt worden, die aber gar nicht realisiert werden konnten. Erst, wenn der Haushalt genehmigt sei, sei es auch möglich, die freiwilligen Ausgaben zu tätigen. So könnten auch Themen wie die 700-Jahr-Feier erst angeschoben werden, wenn der Haushalt genehmigt sei.
Auch die Installation von Photovoltaikanlagen auf städtischen Dächern scheitere an den städtischen Finanzen, zumal vermutlich auch erst das eine oder andere Dach saniert werden müsse.
Für den anstehenden Haushalt werde nicht alles möglich sein, sondern man werde Entscheidungen treffen müssen. Man werde aber nicht alles von jetzt auf morgen lösen können. Nächste Woche werde es dazu Gespräche mit den Fachbereichen geben. Er möchte aber auch das Gespräch mit der Politik suchen. Die Politik sei darauf angewiesen, vernünftige Ideen und Vorschläge aus dem Rathaus zu bekommen, sie müsse aber letztlich entscheiden, worauf sie die Schwerpunkte lege.
Besser als Einsparungen seien Einnahmeerhöhungen. Ein Weg seien Steuererhöhungen, die aber leicht wie eine Droge wirkten. Darüber hinaus habe Quickborn - im Zusammenhang mit den Fehlbedarfszuweisungen des Landes - erst vor 2 Jahren die Steuern erhöht. Steuererhöhungen seien deshalb für ihn ein letztes Mittel.
Wirtschaftsförderung
Als ein wesentliches Mittel, die Einnahmeseite zu verbessern, sieht Beckmann die Förderung der örtlichen Wirtschaft. Dazu hatte er eine efreuliche Nachricht zu verkünden: Die beantragte Förderung aus dem Programm „Bewegte Stadt" ist genehmigt, so dass 975.000 Euro in die Stadtkasse fließen werden. Zusammen mit dem Eigenanteil werden dann knapp 1,3 Millionen Euro für das Projekt zur Verfügung stehen. Das beinhaltet auch das Projekt „City-Management" und die Installation eines „City-Managers". Da die Stadt in diesem Bereich über keine eigene Gesellschaft verfügt, soll die Aufgabe für 3 Jahre extern vergeben werden, eine europaweite Ausschreibung ist zum 1.3.2023 vorgesehen. Aufgabe des City-Manager wird u.a. das Leerstands-Management, die Koordination der Geschäftsleute, Maßnahmen zur Attraktivitäts-Steigerung der Innenstadt wie Veranstaltungen sein. Beckmann verwies darauf, dass dieser Erfolg auch auf seine Initiative als FDP-Politiker im Sommer letzten Jahres zurückgeht.
Quickborn hat derzeit ein neues Gewerbegebiet von 15 Hektar in der Vermarktung, weitere ca. fünf Hektar befinden sich über das Stadtgebiet vestreut im Bestand. Für die Zukunft müssten weitere Flächen für Gewerbe entwickelt werden, u.a. das früher einmal als „Interkommunales Gewerbegebiet" an der Friedrichsgaber Straße an der Grenze zu Norderstedt geplante Gebiet, aber auch ganz neu Areale.
Es seien Konzepte zu entwickeln, welche Unternehmen denn bevorzugt angesiedelt werden sollten. Denkbar seien z.B. auch Firmen aus dem Bereiche der nachhaltigen Produktion wie z.B. (Batterie-)Recycling.
Deshalb müsse die Wirtschaftsförderung schlagkräftiger ausgestaltet werden. Sie werde in Zukunft sehr nah beim Bürgermeister angesiedelt sein.
Positiv sieht er die Zusammenarbeit im Nordgate-Verbund, dem von Neumünster bis Norderstedt alle Kommunen an der A7 angehören. Im Team sei man immer stärker als allein. Beim Nordgate-Treffen vergangenen Mittwoch habe er die Gelegenheit genutzt, den schleswig-holsteinischen Wirtschafts- und Verkehrsminister zu einem Besuch in Quickborn einzuladen. Ein Besuch sei aber nicht vor dem Frühjahr zu erwarten.
Grundsätzlich sei auch die Einrichtung eines Gründerzentrums in in der Stadt interessant, wie es der Kreis Pinneberg derzeit ausschreibt. Quickborn werde sich daran aber nicht beteiligen können, vor allem weil die geforderten fünf Millionen Euro Eigenanteil sderzeit nicht finanzierbar seien.
Beckmann erinnerte daran, dass eine erfolgreiche Wirtschaftsförderung auch Teil der Stadtentwicklung sei. Der Zuzug von Familien erfordere den (Aus-)Bau von Kitas und Schulen, für deren Finanzierung die entsprechenden Einnahmen vonnöten seien. „Nur wenn wir heute die Wirtschaftsförderung stärken, haben wir die Chance, in fünf Jahren davon zu profitieren."
A7-Brücke
Beckmann hatte die A7-Brücke im Zuge der Ulzburger Landstraße im Wahlkampf auf seiner Agenda. Eine Entscheidung zum Umgang mit der testweise eingerichteten Ampellösung werde zum 100-Tage-Programm gehören. Hier sei mit einer zeitnahmen Entscheidung zu rechnen, nachm die Rahmenbedingungen noch einmal gepüft wurden: Wer sind die Hauptnutzer? Was bewegt die Menschen?
100-Tage-Programm
Mit den Fachbereichen wolle er ein 100-Tage-Programm abstimmen, das noch in diesem Monat vorgestellt werden soll.
Die 700 Jahr-Feier wird darin enthalten sein. Seine Vorstellung: Die Menschen wollen feiern, deshalb denke er daran, das Eulenfest aufzupeppen, z.B. durch längere Öffnungszeiten statt 22 Uhr bis 24 Uhr., einen Jahrmarkt sowie Musik- und Tanzveranstaltungen. Für den 25.1. ist ein Festakt geplant mit einem hochrangigen Redner aus dem Land inPlanung.
Die Absicherung der Freibad-Saison 2023 sieht er als wichtige Aufgabe. Es gehe zunächst darum, die Hintergründe näher kennenzulernen. Auf Anfrage habe er aus dem Rathaus vor seiner Amtsübernahme keine Auskünfte erhalten. Immer mehr arbeitsrechtliche Vorschriften machten die Personalplanung schwieriger und auch in anderen Städten habe es Probleme gegeben. Er werde sich dazu z.B. auch mit Ellerau austauschen.
Verwaltungsgemeinschaften: Er habe auf Einladung der Bürgermeister schon im September an einer Gesprächsrunde teilgenommen. Es sei gut, wenn man sich auch menschlich verstehe. Ansonsten gehe es bei einer Partnerschaft immer darum, dass die Partner auf der einen Seite mit der vereinbarten Lesitung zufrieden seien und auf der anderen Seite die vereinbarte finanzielle Gegenleistung auskömmlich sei. Die Aufnahme von neuen Verwaltungsgemeinschaften stehe nicht auf der Tagesordnung. „Wenn Bilsen um die Ecke kommt, muss man darüber nachdenken," meint Beckmann, aber eine Ausweitung insbesondere außerhalb der näheren Umgebung wie zum Beispiel nach Sylt oder Süsel stehe nicht an.
Auf der Tagesordnung stehe auf jeden Fall ein Sofortprogramm zur Beseitigung von Schlaglöchern auf den Quickborner Straßen.
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