13.5.2019 | Über 60 Besucher wollten sich aus erster Hand über die Vorstellungen schleswig-holsteinischer Spitzenpolitiker zur Zukunft Europas informieren. Der Einladung der Initiative Quickborn in den Campus Region-Hamburg waren auch zahlreiche Ortspolitiker gefolgt.
In einer Startrunde hatten die sechs Diskutanten auf dem Podium
Gelegenheit, sich und ihre Prioritäten vorzustellen.
Lars Kuhlmann (CDU), auf Platz 2 der schleswig-holsteinischen CDU-Liste,
begründete sein Engagement für Europa als Friedensprojekt auch mit Erfahrungen aus der
Familiengeschichte (Großvater war im Krieg). Als Geschäftsführer der schleswig-holsteinischen Landjugend und Landwirt im Nebenerwerb liegt ihm die Entwicklung des ländlichen Raumes besonders am
Herzen. Er sieht dafür auch in Schleswig-Holstein gute Chancen, z.B. durch die erneuerbaren Energien und Wasserstofftechnologie. Allein auf die e-Mobilität zu setzen, hält er für zu
eindimensional. Er will sich dafür einsetzen, mehr Anreize für eine ökologische Landwirtschaft zu setzen. Außerdem plädierte er für eine
bessere Zusammenarbeit mit Afrika auf Augenhöhe und in
diesem
Zusammenhang für eine veränderte EU-Handelspolitik.
Enrico Kreft (SPD), Spitzenkandidat seiner Partei in Schleswig-Holstein und gebürtiger Mecklenburger nannte die Wiedervereinigung mit ihrer positiven Energie und seine
Erfahrungen als Offizier im Balkan-Einsatz als persönliche Gründe, sich für den Frieden und die Freizügigkeit innerhalb Europas einzusetzen. Der Lübecker verwies darauf, dass er sich schon seit
Schülerzeiten „und nicht nur zu Wahlkampfzeiten ...“ für Europa engagiere, u.a. in der Europa-Union. Besonderes Gewicht legt auf die Themen Nachhaltigkeit und Digitalisierung. Außerdem möchte er
dem EU-Parlament mehr Gewicht
geben und es zur „Herzkammer“ der EU machen.
Dr. Ann-Kathrin Tranziska (Grüne) vertrat als Landesvorsitzende den schleswig-holsteinischen Spitzenkandidaten Rasmus Andresen. Für die Grünen nehme der Kampf gegen den
Klimawandel einen hohen Stellenwert ein. Hier könne Europa ein Vorbild sein. Wichtig sei auch das Thema „Menschenwürde“. Die Grünen träten für eine sichere Migration und eine vernünftige
Verteilung in Europa ein. Im Bereich der Sozialpolitik stehe ein europäischer Mindestlohn auf dem Programm. Vor allem aber sei Europa ein Friedensprojekt und es gelte, die
Freizügigkeit innerhalb
der EU zu erhalten.
Helmer Krane (FDP), Jurist aus Bad Bramstedt und Spitzenkandidat seiner Partei in Schleswig-Holstein, nannte als Ansatz der Liberalen: „Wir wollen Europa reformieren, damit es
besser wird für die Menschen!“ Mit Macron habe man eine Allianz gegründet, um den Stillstand in Europa zu beenden. Ihm sei eine gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik besonders wichtig, um den
gemeinsamen Werten in der Welt eine Stimme geben zu können. Er trete für ein Europa ein, das sich um den Mittelstand kümmere und nicht nur als Bürokratie-Monster empfunden werde. Außerdem
plädiert er für eine gute Digitalisierungspolitik und ein Europa der Bildung, in dem z.B.
Bildungsfreizügigkeit nicht nur für Studenten herrsche.
Christian Waldheim (AfD), Stadtvertreter aus Norderstedt und seit 25 Jahren in der Versicherungsbranche tätig, erklärte seinen beruflichen Hintergrund und die verfehlte
Euro-Rettungpolitik als Gründe für sein Engagement in der AfD. Die EZB-Zinspolitik habe die deutschen Sparer rund 500 Mrd. Euro gekostet. Mit der in der Diskussion befindlichen Abschaffung des
Einstimmigkeitsprinzip sieht er
Gefahren für den deutschen Sozialstaat. Die AfD stehe für tiefgreifende Reformen der EU, wenn dies nicht in überschaubarer Zeit umsetzbar sei, stehe er auch
persönlich für einen Austritt Deutschlands aus der EU.
Marianne Kolter (Linke), wohnhaft in Pinneberg und auf Platz 9 der Bundesliste ihrer Partei, kommt aus der Anti-AKW-Bewegung und ist auch heute noch in Brokdorf aktiv. Im Rahmen
der wichtigen Klimapolitik sieht sie einen Schwerpunkt in der Landwirtschaft, die - auch auf konventionellen Höfen - ökologischer werden müsse. Auch das Artensterben sei ein wichtiges Thema.
Darüber hinaus möchte die Linke ein Europa, in dem Armut nicht mehr vorkommt. Sie verwies u.a. auf die hohe Jugendarbeitslosigkeit in den südeuropäischen Ländern. „Wir können nicht zulassen, dass
eine ganze Generation verloren geht!“
Unter der Moderation von Marion Lambeck stellten sich die Europa-Politiker anschließend den Fragen des Publikums. Zur Überraschung mancher wurden dabei durchaus auch differenzierte Aussagen
deutlich. Nach insgesamt zwei Stunden des offiziellen Programms bestand im Anschluss Gelegenheit, bei einem Getränk in Einzelgesprächen Themen zu vertiefen. Davon machten sowohl die
Europa-Politiker als auch viele Ortspolitiker und andere Gäste regen Gebrauch, so dass die letzten erst nach weiteren 1 1/2 Stunden die Veranstaltung verließen.
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