Endgültig beschlossen: Niederschlagswassergebühr beträgt 56 Cent pro Quadratmeter - auch für GrundeigentümerINNEN

Das Outfit ist Programm: Alfred Haack (Bündnis 90/Grüne) erläuterte als Vorsitzender des Ausschusses für Kommunale Dienstleistungen die Beschlussvorlage.
Das Outfit ist Programm: Alfred Haack (Bündnis 90/Grüne) erläuterte als Vorsitzender des Ausschusses für Kommunale Dienstleistungen die Beschlussvorlage.

Rechtzeitig zum Jahresende hat Bürgermeister Thomas die Satzungen zur ”Regensteuer" durch die parlamentarischen Gremien gebracht: Auf ihrer jüngsten Sitzung hat die Ratsversammlung mit Mehrheit die Niederschlagswassersatzung und die zugehörige Gebührensatzung verabschiedet. Jetzt kann noch für dieses Jahr die Gebühr von 56 Cent pro Quadratmeter versiegelter Fläche eingetrieben werden, die zur Sanierung des Haushalts dringend gebraucht wird.

 

Alfred Haack (Bündnis 90/Grüne) hatte in seiner Eigenschaft als Vorsitzender des zuständigen Ausschusses für Kommunale Dienstleistungen (AKD) die Beschlussvorlagen kurz erläutert. Er verwies darauf, dass die städtischen Aufwendungen für die Entsorgung des auf privaten Grund niedergegangenen, aber über die Kanalisation entsorgten Regens auf Dauer nicht aus den allgemeinen Steuereinahmen finanziert werden könnten, sondern von den Verursachern, also den Grundeigentümern, über Gebühren bezahlt werden müssten. Deshalb hätten viele Kommunen bereits eine entsprechende Niederschlagswassergebührensatzung erlassen. Die Kommunalaufsicht habe Quickborn wiederholt zur Einführung einer solchen Satzung gedrängt, da Kommunen bei akuten Haushaltsproblemen gehalten seien, alle Einnahmemöglichkeiten auszuschöpfen.

 

In der Beschlussvorlage legte die Verwaltung dar, dass rund 85 Prozent der Grundeigentümer die erforderlichen Angaben gemacht hätten und damit die Grundlagenerhebung so weit fortgeschritten sei, dass die Gebührenvorkalkulation für die Jahre 2016, 2017 und 2018 vorgenommen werden könne. Als Ergebnis wurde ein Betrag von 56 Cent pro Quadratmeter gebührenpflichtiger Flächen festgelegt. Damit blieb die Stadt innerhalb der in den Informationsveranstaltungen genannten Spanne von 30 bis 60 Cent.

 

Der AKD hatte in seinen Beratungen Wert darauf gelegt, dass der Versickerung, Verrieselung und sonstigen Nutzung Vorrang eingeräumt werden sollte, was auch den Intentionen des schleswig-holsteinischen Wassergesetzes entspricht. In diesem Sinne ist jetzt in § 7 folgender Passus aufgenommen worden:„Weist der Anschlussverpflichtete nach, dass alles auf dem Grundstück anfallende Niederschlagswasser entsprechend den Vorgaben dieser Satzung verwertet wird, verrieselt oder versickert, wird vom Anschlusszwang ganz oder teilweise Befreiung erteilt, wenn geologische Verhältnisse oder Gründe des Gemeinwohl der Befreiung nicht entgegenstehen." In Quickborn könnte der unter Teilen der Stadt liegende Salzstock zu einer solchen Ablehnung führen.

 

Eine Änderung hatte sich noch bei der Gebührensatzung ergeben. Hier ist jetzt geregelt, dass die Stadt bei Wohnungseigentümergemeinschaften die Bescheide dem Verwalter zustellen kann.

 

Letzte Belastung für den Bürger in dieser Legislatur-Periode?

Sonja Kruse (B 90/Grüne), die sich als Einwohnerin an der Diskussion beteiligte, bemängelte, dass offensichtlich noch immer nicht alle Grundeigentümer die entsprechenden Fragebögen erhalten hätten. Ihr seien diverse Fälle aus der Nachbarschaft bekannt. „Ich zahle ja gern, aber nur, wenn alle herangezogen werden." Bürgermeister Köppl schloss nicht aus, dass Empfänger die entsprechende Nachricht auch mal übersehen hätten, versprach aber eine Überprüfung.

 

FDP-Fraktionschefin Annabell Krämer verzichtete angesichts der sich abzeichnenden Zustimmung eine Begründung für die Ablehnung seitens der Liberalen, konnte sich aber einen Seitenhieb in Richtung CDU nicht verkneifen. Die Mehrheitsfraktion habe nach der letzten kommunalen Steuererhöhung versprochen, dass es auf absehbare Zeit keine weiteren Belastungen für die Bürger geben werde. Jetzt würden die Quickborner aber doch wieder zur Kasse gebeten. Sie sei gespannt, wie die CDU auf die Pläne der Verwaltung für eine drastische Erhöhung der Gewerbesteuer reagieren werde.

 

In der Verwaltungsvorlage wird dargelegt, dass durch die neue Gebühr Erträge von jährlich 500.000 Euro erzielt werden.  Nach Abzug der Personalkosten rechnet der Bügermeister mit einer Entlastung des Haushaltes um rund 400.000 Euro. In diesem Jahr dürfte der Betrag deutlich niedriger ausfallen, weil gemäß Stellenplan zum Start mit einem erhöhten Personalaufwand gerechnet wird. Außerdem schlagen die Kosten von knapp 100.000 Euro für die Kubus Kommunalberatung zu Buche, die die mit der Vorbereitung beauftragt worden war.

 

Aber über Zahlen wurde letztlich nicht mehr gesprochen, eine Gender-Debatte bestimmt über lange Zeit die Diskussion (siehe folgender Abschnitt, wenn es denn jemand wissen möchte...). Und so schritt man dann zur Abstimmung, bei der sich die Befürworter mit 16 Ja-Stimmen durchsetzten, die FDP blieb mit ihren drei Ratsfrauen beim Nein, der CDU-Neuling in der Ratsversammlung Steuerberater Matthias Gädigk enthielt sich.

 

"Eine unverschämte Satzung!"

Für eine Überraschung hatte gleich zu Beginn der Debatte der SPD-Ratsherr Jürgen Asmussen gesorgt. Nachdem er Rückstände aus der deutschen Gleichstellunggeschichte aus den 70er-Jahren aus der Klamottenkiste geholt hatte, kam er zum Punkt: Ihm mißfiel die Formulierung im § 2. Darin heißt es: „Zur besseren Lesbarkeit ist in den folgenden Satzungsbestimmungen in der Schreibweise jeweils die männliche Form gewählt. Sie gilt gleichermaßen für die weibliche Form." Er vermisste eine angemessene Berücksichtigung von Gender-Bestrebungen und nannte deshalb gleich die gesamte Satzung „unverschämt".

 

Da kam aus den Reihen der Ratsmitglieder (man beachte die vom Berichterstatter gewählte relativ neutrale Schreibweise!!) der dezente Hinweis, dass  ihm das ja nun sehr früh aufgefallen sei, schließlich sei die Satzung auch im Ausschuss schon behandelt worden. Aber weil sich ja heutzutage niemand nachsagen lassen will, ihm sei die Gender-Debatte gleichgültig (wir sind ja nicht im amerikanischen Wahlkampf), begann eine intensive und lange Diskussion, wie denn das Problem zu lösen sei. Den Passus einfach weglassen? Dann könnten sich GrundeigentümerINNEN möglicherweise davonstehlen. Eine Überarbeitung zusichern? Wäre möglicherweise nicht rechtskonform. Auch das Angebot von Herrn Asmussen, den Text bis zum Wochenende zu überarbeiten, stieß nicht auf Zustimmmung, denn dann wäre Bürgermeister Köppl möglicherweise nicht rechtzeitig an sein dringend benötigtes Geld für den Haushalt gekommen. Schließlich einigte man sich darauf, die Satzung zunächst einmal zu verabschieden und Bürgermeister Köppl sagte zu, bis zur nächsten Sitzung eine überarbeitete Fassung vorzulegen. Und so stimmte denn auch der Gender-Rebell Asmussen den beiden Satzungen zu. Dass im nächsten Jahr ohnehin eine neue Fassung vorgelegt werden soll, bei der die Lesbarkeit verbessert werden soll, stand allerdings bereits s in der Beschlussvorlage.

 

Man fragt sich, welche Kompetenz eigentlich die von der Stadt für viel Geld beauftragte Kubus-Kommunalberatung in die Vorbereitungen eingebracht hat, wenn es ihr nicht einmal gelingt, Satzungen zu entwickeln, die dem aktuellen Stand geschlechterneutraler Formulierungen (für die es ja auch Empfehlungen auf Landesebene gibt) entsprechen.

 

PS: Der Berichterstatter hat sich immer gefragt, warum in den Satzungen eigentlich der sperrige Begriff „Niederschlagswasser..." verwendet wird. Jetzt dämmert es ihm: Der schlichte Begriff "Regen" wäre ein Ausdruck des traditionellen Männlichkeitswahns gewesen (DER Regen), während DAS Niederschlagswasser so schön neutral ist ...

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

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NDR-Kultmoderator Carlo von Tiedemann war mit seiner Frau aus Quickborn gekommen
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